Russland schränkt das Adoptionsrecht für Ausländer weiter ein. Bislang war es lediglich US-Bürgerinnen und Bürgern untersagt, russische Kinder zu adoptieren.
Das 2013 ausgesprochene Verbot war eine Reaktion Moskaus auf den von Washington verhängten Magnitsky Act. Dieser sieht ein Einreise- und Kontoführungsverbot für russische Beamte vor, die der Korruption verdächtigt und für den Tod des Wirtschaftsprüfers Sergei Magnitski in Isolationshaft in Moskau verantwortlich gemacht werden, vor.
Offiziell begründete die Regierung in Moskau das Verbot jedoch damit, dass russische Kinder in den USA angeblich nicht sicher seien. Nun geht die russische Regierung in Sachen Adoptionseinschränkungen einen Schritt weiter.
Ab sofort tritt eine verschärfte neue Adoptionsregelung ein, die nun auch Personen betrifft, die in Ländern leben, in denen die gleichgeschlechtliche Ehe legal ist. Damit weitet Russland das Adoptionsverbot für Ausländer weiter aus.
Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat am Mittwoch eine Verordnung unterzeichnet, durch welches das Verbot der Adoption von Waisenkindern durch gleichgeschlechtliche Paare im Ausland in Kraft gesetzt wurde.
Ein entsprechendes Dekret wurde am Donnerstag auf der Homepage der russischen Regierung veröffentlicht. Das Dokument verbietet die Adoption für „Personen, die in gleichgeschlechtlichen Beziehungen stehen, die von einem Staat als Ehe anerkannt und registriert wurden, sowie Personen, die Bürger eines solchen Staates sind und nicht verheiratet sind“.
Offiziell dürfen immer noch heterosexuell verheiratete Paare und Einzelpersonen russische Kinder adoptieren. Die Ausnahmen: Nicht in Russland adoptieren dürfen zum einen verheirateten gleichgeschlechtlichen Paare, zum anderen aber Einzelpersonen, die aus Ländern kommen, die die Ehe für Homosexuelle geöffnet haben oder in denen es eingetragene Partnerschaften gibt.
Bereits im Juni 2013 war ein entsprechendes Gesetzespaket von der Staatsduma verabschiedet worden. Die homofeindliche Regelung war eine Reaktion der Abgeordneten auf die Öffnung der Homo-Ehe in Frankreich. Damals kündigte die russische Regierung an, mit Ländern in Verhandlung zu treten, in denen Schwule und Lesben heiraten dürfen. Mit der neuen Regelung gibt es nun keine Ausnahmeregelungen.
Russland grenzt sich von Europa ab
Mit dem Adoptionsverbot grenzt sich Russland bewusst von westeuropäischen Ländern ab, die in den vergangenen Jahren per Gesetz die Homo-Ehe legalisiert und liberalisiert haben.
Die Auswirkungen der neuen Adoptionsregelungen werden vor allem für Bürger aus Großbritannien, Frankreich und Spanien spürbar, da aus diesen Ländern bisher viele Pflegefamilien russische Kinder adoptiert hatten.
Unklar ist noch, ob sich das Adoptionsverbot auf Österreich erstreckt, da hier ebenfalls Restriktionen für die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare existieren.
Die Frage, ob die Regelung auch Deutschland betrifft, ist ebenfalls ungeklärt. In der Bundesrepublik ist die Homo-Ehe zwar legalisiert, allerdings besitzen schwule und lesbische Paare noch kein Adoptionsrecht.
Verordnung zum Schutz von Kinderrechten?
Die russische Regierung betont, dass die Verordnung zum Schutz von Rechten und Interessen der Kinder beitragen soll. Man spricht von einem „möglicherweise unwillkommenen Einfluss“ und lehne es ab „Kindern künstlich nichttraditionelle sexuelle Verhaltensweisen aufzuzwingen, weil sie daran leiden und es nach Ansicht von Psychologen den Kindern Stress bereitet, in gleichgeschlechtlichen Familien aufzuwachsen„.
Auf welche Studien sich die Regierung dabei beruft, ist allerdings unklar. Untersuchungen von angesehenen Wissenschaftlern sind in den letzten Jahren stets zu dem Ergebnis gekommen sind, dass sich Kinder in sog. „Regenbogenfamilien“ nicht schlechter entwickeln, als andere Kinder (z.B. in Familien mit heterosexuellen Eltern).
Eine im Jahre 2009 aufgestellte Studie des Bundesjustizministeriums hat sogar festgestellt, dass Kinder in Regenbogenfamilien eher bessere schulische Leistungen zeigten und ein höheres Selbstwertgefühl haben als ihre Altersgenossen.
Erleichterungen bei der Adoption für russische Bürger
Während das Adoptionsverbot für Ausländer in Russland zusehends verschärft wird, sieht das Dokument für russische Bürger, die ein Kind adoptieren wollen, einige Erleichterungen vor.
So brauchen die potentiellen Adoptiveltern künftig keinen schriftlichen Nachweis über den technischen und hygienischen Zustand ihrer Wohnung vorzulegen. Zudem wurde die Entscheidungsfrist der Beschlussfassung über die Adoptionsermächtigung von 15 auf 10 Tage reduziert.
Wer denkt an die Kinder?
Mit den neuen Regelungen schließt Russland nicht nur offen schwule und lesbische Paare, sondern auch Alleinstehende von der Adoption aus. Ob diese Verordnung wirklich dem Schutz der Kinderrechte und –interessen dient, ist fraglich.
Derzeit leben in Russland hunderttausende Kinder in schlecht ausgestatteten Waisenhäusern und können innerhalb des Landes nicht vermittelt werden. Die Bedingungen in den Waisenhäusern sind z.T. menschenunwürdig und werden immer wieder von Kinderrechtsorganisationen kritisiert.
Die Einschränkung des Adoptionsrechts für Ausländer dürfte die Situation weiter verschlechtern.
Quelle: Stimme Russlands / taz.de