Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts stärkt zwar die Rechte weniger, könnte jedoch schon bald Auswirkungen auf viele haben.
Karlsruhe hat heute die Rechte homosexueller Paare zur Adoption von Kindern ausgeweitet.
Bislang war es Lesben und Schwulen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben nur erlaubt, ein leibliches Kind ihres Partners zu adoptieren – Etwa, wenn es aus einer früheren heterosexuellen Beziehung entstammt oder einer Samenspende zur Welt kam.
Künftig dürfen Homosexuelle auch ein zuvor von ihrem Partner adoptiertes Kind selbst auch adoptieren. Bislang war diese sogenannte Sukzessivadoption nur für heterosexuelle Paare erlaubt.
In dem heute verkündeten Urteil erklärte das Bundesverfassungsgericht diese Beschränkungen beim Adoptionsrecht für homosexuelle Lebenspartner für verfassungswidrig. Die vorherige Gesetzesregelung, die Schwulen und Lesben eine Sukzessivadoption verbietet, Ehepaaren aber erlaubt, verstoße gegen das Recht auf Gleichbehandlung des Grundgesetztes.
Das Verbot der Sukzessivadoption in homosexuellen Lebenspartnerschaften wurde den Kindern nach Auffassung der Richter ein weiteres Elternteil verwehren und damit die Persönlichkeitsentfaltung beeinträchtigen. Für die Schutzbedürftigkeit eines Kindes würde es keinen Unterschied machen, ob die Eltern heterosexuell oder homosexuell sind.
Bei dem heutigen Urteil ging es ausdrücklich um die Stärkung der Rechte Homosexueller bei der Sukzessivadoption, nicht jedoch bei Fremdkindadoptionen für homosexuelle Paare. Trotzdem dürfte das Karlsruher Urteil nicht nur bei Homosexuellen-Vertretern und der Opposition, sondern vor allem in den betroffenen Familien für Jubel und Erleichterung gesorgt haben.
Insbesondere die Kinder, die mit Eltern in gleichgeschlechtlicher Partnerschafter leben, profitieren von der rechtlichen Verfestigung der Familiensituation, die eine Sukzessivadoption mit sich bringt. Sie sind durch den Alltag ohnehin schon längst mit ihren sozialen Eltern verbunden – und nun auch rechtlich.
Bei einer Trennung der Elternteile kann das Familiengericht jetzt entscheiden, bei welchem Elternteil das Kind am besten aufgehoben ist. Verstirbt ein Partner, kann das Kind bei dem anderen Elternteil bleiben. Auch beim Erbrecht und im Unterhaltsrecht entstehen Vorteile durch die Adoption.
Neben den Kindern dürften sich auch die Kläger freuen, die das Verfahren durch eine Verfassungsbeschwerde erst ins Rollen gebracht haben. Verhandelt worden waren zwei Fälle, in denen jeweils ein Mann und eine Frau vor dem Eingehen einer Lebenspartnerschaft bereits ein nicht leibliches Kind adoptiert hatten und der andere Partner das Kind ebenfalls adoptieren wollte.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Bundesregierung jetzt bis zum 30. Juni 2014 Zeit, entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen zu prüfen und eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen.
Bald auch Erstadoption durch Homosexuelle möglich?
Nach dem Karlsruher Urteil wurden nun auch Forderungen nach einem generellen Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare laut. So kündigten mehrere Bundesländer eine Bundesrats-Initiative zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften an.
Letztendlich besteht das Ziel darin, eine Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe zu erreichen. Homosexuelle sollen demnach unter den gleichen Bedingungen, wie Heterosexuelle, auch als Paar ein Kind adoptieren können.
Mit dem erweiterten Adoptionsrecht ist auch das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption praktisch hinfällig. Denn wenn die bisherige Regelung, die Homosexuellen die Adoption des von ihrem Lebenspartner angenommenen Kindes verbietet, es Eheleuten aber erlaubt, gegen das Recht auf Gleichbehandlung verstößt – Müsste dies dann nicht auch bei einer gemeinsamen Adoption durch homosexuelle Paare gelten?
Quelle: Bundesverfassungsgericht | Pressemitteilung Nr. 9/2013 vom 19. Februar 2013